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Der gläserne User

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if you can

Eine Welt wie in Orwells Roman „1984“ ist schon heute technisch möglich, weiß Software­entwickler Ben. In Zeiten von Daten­skandalen wie bei Facebook traut er beim Schutz seiner Privat­sphäre daher nicht allein Datenschutz­gesetzen, er packt selbst an. Und das geht ganz einfach.

Google, Facebook & Co bitten zum Daten­strip­tease, und wir machen uns bereitwillig nackig Ben, Software-Entwickler

  • Was soll schon dabei sein, wenn Facebook unser Alter und unseren Beziehungs­status kennt? „Ich habe doch eh nichts zu verbergen“, winkt so mancher beim Thema Datenschutz ab. Ben sieht das anders. Der Software­entwickler weiß, dass Alter und Beziehungs­status nur die Spitze des Eisbergs sind. Was im Datenozean „Internet“ unter der Oberfläche noch vor sich geht, was Facebook & Co. darüber hinaus alles über uns wissen und wie Ben seine Privatsphäre schützt, erzählt er im Interview.

Was wissen Facebook,
Google und andere
Portale über uns und
vor allem: woher?

  • Mit unserer Einwilligung zeichnet Google etwa einen genauen Standort­verlauf unserer Android-Smartphones auf. Damit weiß Google wahr­scheinlich besser als wir, wie lange wir zum Beispiel für den Nach­hause­weg von der Arbeit brauchen oder wann wir das letzte Mal beim Zahnarzt waren. Mit unserer Zu­stimmung hören Alexa und Siri bei unseren Gesprächen mit. Mit unserem OK überträgt unser Smart-TV unsere Fernseh­gewohnheiten, die Running-App den Herz­schlag, die Sleep-App unser Schlaf­profil. Unser Auto meldet dem Her­steller unter anderem, wann wir wie schnell fahren oder scharf bremsen. Die beliebte Dating-App Grindr weiß, wer schwul oder lesbisch ist und auch, wie dein HIV-Status ist, wenn du dort angemeldet bist und die Daten angegeben hast. „Privacy is old school“, wie Facebook-CEO Mark Zuckerberg gesagt hat. Die Liste ließe sich noch sehr lange fortführen. Mit jeder Daten­schutz­erklärung, der wir zustimmen, sammeln Internet­dienste Daten über unser digitales Leben. Die gute Nachricht ist, dass immer mehr Online­dienste mittler­weile umfang­reiche Privat­sphäre­einstellungen anbieten, mit denen die o.g. Proto­kollier­ungen abge­schaltet oder so ein­geschränkt werden können, wie es zu unseren Bedürf­nissen passt. So auch Google und Facebook.

Datenschutz bei der Telekom
Die Telekom macht in Sachen Daten­schutz keine halben Sachen. Als deutsche Firma unter­liegen wir den europäischen Daten­schutz­an­forder­ungen, den wohl höchsten weltweit. Daten, die die Telekom im Rahmen der Internet­nutzung speichert, werden nur auf Basis gericht- licher Anordnungen weiter­gegeben, sonst nicht. Daten, die Du in der Magenta Cloud speicherst, landen in hochsicheren, nach­haltigen Rechen­zentren in Deutschland.

Was machen diese Portale mit
unseren privaten Informationen?

  • Sie erstellen präzise digitale Profile von uns, um die „Qualität der Dienste“ weiter zu „verbessern“. Je mehr Google etwa über unsere Interessen weiß, desto besser kann die Such­maschine maß­geschneiderte Ergebnisse für uns im Netz finden oder uns Werbung ein­blenden, die zu unseren Interessen und unserer Lebens­situation passt. Wohl jeder kennt die Banner mit genau den Schuhen, die man erst drei Tage vorher mit einem ganz anderen Gerät angesehen hat. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass viele Dienste, die im Netz kosten­frei angeboten werden, sich aus Ein­nahmen durch Werbe­banner finanzieren. Dazu zählen auch viele der unabhängigen und journal­istisch wert­vollen Zeitungen, die eine wichtige Grund­lage für unsere Demokratie sind und die ohne diese Einnahmen wahr­scheinlich nicht überleben könnten. Das gilt gleicher­maßen für weitere kosten­lose Online­angebote, z.B. Wetterberichte.

    Problematisch ist dabei aber, dass unsere privaten Daten nicht zwingend nur in vertrauens­würdige Hände gelangen. Der Dating-Service Grindr zum Beispiel hat den HIV-Status seiner Mitglieder weiter­verkauft, wie aus einer Unter­suchung der norwegischen unab­hängigen Forschungs­organisation SINTEF hervorgeht. 87 Millionen Profil­daten­sätze gelangten im jüngsten Facebook-Daten­skandal in die Hände der Firma Cambridge Analytica, die mit diesen Daten angeblich sogar die Wahl von Donald Trump be­ein­flusst haben soll. Ich möchte mir auch nicht vor­stellen, was Hacker zum Beispiel mit meinem minuten­genauen Bewegungs­profil an­stellen könnten, gelängen sie an diese Daten. Und natürlich könnten Unter­nehmen wirt­schaft­liche Ent­schei­dungen zu ihren Gunsten und unseren Un­gunsten fällen, je mehr sie über uns wissen. Ver­sicher­ungen könnten zum Beispiel anhand unseres HIV-Status oder Sport­verhaltens ent­scheiden, ob sie uns versichern oder nicht oder zu welchem Tarif. Wenn wir diese Infor­mationen frei­willig offenbaren, wäre das natürlich völlig legitim, keine Frage. Wissen ist Macht. Diese Macht nutzen aber nicht alle zu unserem Vorteil, das sollte uns bewusst sein, wenn wir uns zum Bei­spiel einen smarten Staub­sauger­roboter kaufen oder im Internet nach Stra­tegien gegen Burnout suchen.

Müssen wir denn
in den Wald ziehen
und unser digitales
Leben beenden,
wenn wir unsere
Privatsphäre
schützen wollen? 

  • Ich glaube nein. Was wir brauchen, ist mehr Bewusst­sein beim Umgang mit Medien. 1983 haben wir uns noch per Klage vor dem Ver­fassungs­gericht gewehrt, uns einer Volks­zählung zu unter­ziehen. Heute lassen wir uns bereit­willig rund um die Uhr orten und vertrauen unser digitales Leben und viele private Informa­tionen den verschiedens­ten Online­diensten an. Damals hatte das Ver­fassungs­gericht befunden, der Schutz der Privat­sphäre sei Teil unseres Grund­rechts auf Menschen­würde. Die sogenannte „Post-Privacy-Bewegung“ pro­gnosti­ziert heute, dass wir mit zu­nehmen­der Ver­netzung jeg­liche Privat­sphäre aufgeben müssen. Mehr dazu im Beitrag Hereinspaziert.

    Ob wir es so weit kommen lassen, liegt auch an jedem einzelnen von uns. Wir müssen uns die Frage stellen: Wie wichtig sind uns unsere Privatsphäre und Menschenwürde? Denn wir können einiges tun, um unsere Privatsphäre zu schützen, ohne auf praktische und geliebte Onlinedienste zu verzichten. Ich persönlich habe dazu einige einfache Gewohnheiten im Umgang mit Apps und beim Surfen im Netz geändert.

Wie hast du seitdem dein digitales Leben verändert?

Jetzt nehme ich meinen Datenschutz sehr ernst. Mit der neuen Datenschutzverordnung legt die EU zumindest einen Grundstein für mehr Sicherheit. Aber ich weiß, dass niemand außer mir für den Schutz meiner Privatsphäre sorgen kann. Ich selbst habe seitdem einiges verändert in meinem digitalen Leben. Ein paar Beispiele...

  1. 1 Der Wetterbericht 

    Suchst du etwa nach dem Wetter in Hamburg in drei Tagen, kann es passieren, dass deine Reisepläne in deinem digitalen Fußabdruck landen, auf den unzählige Server Zugriff haben. Viele Apps, vor allem, wenn sie kostenlos sind, sammeln viele Daten über uns, um diese wiederum zu verkaufen und sich damit zu finanzieren. Dazu gehören z.B. auch Wetter-Apps. Anders als eine Wetter-Website hat eine Wetter-App systembedingt sehr viel mehr Zugriffsrechte auf unsere Handys und private Informationen. Deswegen achte ich gerade bei Apps darauf, welche Zugriffsrechte ich ihnen zugestehe. Oder ich schaue gleich nach Online-Alternativen, die ich leichter einschränken kann. Denn bei einer Webseite kannst du dafür sorgen, dass die Suche anonymisiert erfolgt. Wie das geht, erklärt der Beitrag Tauch ab ins Darknet.

  2. 2 Wi-Fi mit Bedacht

    Öffentliche Hotspots sollte man aus Sicherheitsgründen mit Vorsicht genießen, denn sie sind oft unverschlüsselt und Hacker können sie leicht missbrauchen. Telekom-Hotspots hingegen bieten eine sichere Verbindung, da sie sogenannte „VPN“-Verbindungen aufbauen, die verschlüsselt und anonymisiert sind. Grundsätzlich ist es für den Schutz deiner Privatsphäre ratsam, das Wi-Fi nicht permanent aktiviert zu halten. Denn dadurch verhinderst du eine potenzielle Aufzeichnung deines Bewegungsprofils. Das ist nämlich bei aktivierter Wi-Fi-Verbindung möglich. Grundsätzlich achte ich deswegen darauf, wann ich die Wi-Fi-Funktion meines Handys einschalte und wann nicht.

  3. 3 Suchen mit Tarnkappe

    Online-Suchen sind in Sachen „Schutz der Privatsphäre“ ein heikles Thema. Denn alles, was ich suche, gibt sehr persönliche Informationen über meine Interessen preis, die in meinem digitalen Fußabdruck gespeichert und analysiert werden können. Erfreulicherweise gibt es eine Suchmaschine, die sich explizit dem Schutz der Privatsphäre verschrieben hat: Startpage.com. Die Suchmaschine nutzt dabei die Google-Suchergebnisse. Aber anders als Google speichert Startpage.com keine persönlichen Informationen oder Suchbegriffe, setzt keine Tracking-Cookies, bindet keinen Code von Drittanbietern ein und sammelt selbst für interne Statistiken notwendige Daten nur in vollständig anonymisierter Form.