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Digitale Demokratie

Demokratie Reloaded

Immer mehr Menschen beteiligen sich im Netz an demokratischen Prozessen. Doch Fake News, Bots und Filterblasen können uns schnell in die Irre führen. Digitale Demokratie – was sie dir bringt, und was du wissen musst.

  • Das Bienensterben stoppen, ein Tempolimit von 130 auf deutschen Autobahnen einführen, den geplanten Onlinefilter verhindern – immer mehr Menschen machen sich im Netz für ihre Wünsche stark. Politik wirksam mitgestalten - auf dem Sofa zuhause, an der Bushaltestelle oder vom Krankenbett aus - das Internet macht’s möglich. Digitale Demokratie erlaubt neue Formen der Teilhabe und Mitbestimmung.

    Gleichzeitig sind im Internet Kräfte am Werk, die der Demokratie schaden wollen. Populisten wollen uns mit Fake-News und Hass-Kommentaren manipulieren. Datenkraken durchleuchten uns und nutzen das gewonnene Wissen, um uns zu beeinflussen. Filterblasen verengen unser Blickfeld und wirken so - bewusst oder unbewusst – auf unsere politische Meinungsbildung. Wie können wir die Vorzüge der digitalen Demokratie nutzen und gleichzeitig die Risiken minimieren?
Mehr Sonne Glyphosat ade Plastiktüten weg Steuern runter Tempolimit auf 130

Stell dir vor es ist Wahl, und alle gehen hin

  • Meine Stimme zählt! Dieser Meinung waren offensichtlich 1972 die meisten Deutschen – über 91 Prozent gaben ihre Stimme bei den Bundestagswahlen ab. Danach ging es jedoch mit dem Interesse an der Demokratie kontinuierlich bergab. Bei den letzten Wahlen 2017 lag die Wahlbeteiligung bei 76,2 Prozent. Schlimmer noch ist es bei den Europawahlen. Während 1979 noch 63 Prozent ihr Wahlrecht nutzten, nahmen 2014 gerade mal 43,1 Prozent der Europäer ihre Chance wahr, ihre Vertreter im Europaparlament zu wählen.

    Warum sind wir es müde, uns an Wahlen zu beteiligen? “Die da oben machen ja eh, was sie wollen”, sagen die einen. „Ich weiß nicht, wen ich wählen soll“ die anderen, lehnen sich zurück und geben ihre Macht ab!

    Doch mit der digitalen Demokratie könnte sich der Trend wenden. Die “Graswurzel-Bewegung” ist zum neuen Schlagwort avanciert: Immer mehr Menschen erklicken sich das Gefühl zurück, Politik und ihr Leben wirksam mitbestimmen zu können, zum Beispiel in Online-Petitionen.

    40% der Deutschen machen laut Bertelsmann-Stiftung bereits bei E-Petitionen mit oder sind daran interessiert. “Unsere Ozeane sind keine Müllkippe” mit diesen Worten unterstützt zum Beispiel der User Tobias Kremkau eine Online-Petition an Kanzlerin Merkel und setzt sich für ein Verbot von Einwegverpackungen ein. Dazu nutzt er die Beteiligungsplattform change.org einer nicht-staatlichen Organisation oder auch Tools wie openpetition und Avaaz. Daneben stellt er auf Abgeordnetenwatch direkt Fragen an zuständige Abgeordnete im Landtag. Wie auch du politisch am besten mitmischst, verrät Tobias hier.

    Einen Schritt weiter geht Estland, wo die Menschen online das Parlament wählen können. Damit ist Estland weltweit das erste und noch einzige Land, das E-Voting eingeführt hat. Nach der Einführung 2003 stieg die Wahlbeteiligung von 58,2 auf 63,1 Prozent in 2019 – jeder Vierte nutzte die Möglichkeit, online zu wählen. Die neuen digitalen Beteiligungsplattformen scheinen den Nerv der Zeit zu treffen. Digitale Demokratie könnte also die Beteiligung und damit den Fortbestand unserer Demokratie stärken.

    Von klein auf kämpfen wir dafür, selbst über unser Leben zu entscheiden. Das sollten wir als Erwachsene nicht aufgeben. Demokratie und Freiheit sind keine Selbstverständlichkeit. Ein Blick in die Geschichte und über unseren Tellerrand hinaus macht deutlich, was jede und jeder Einzelne von uns riskiert, wenn wir es wenigen überlassen, über uns zu bestimmen. „Die Herrschaft des Volkes“ funktioniert bekanntlich nur, wenn das Volk auch mitmacht. Was mancher vergisst, auch wer nicht zur Wahl geht - wählt! Denn er überlässt es anderen, über seine Rechte zu ent­scheiden. Wenn sich die politische Mitte zurück­lehnt, gewinnen die Stimmen der Radikalen an Gewicht und unsere Demokratie gerät in Gefahr. Der aktuelle Ruck in Europa nach rechts sollte uns wach machen. Warum du unbedingt an der Europa­wahl am 26. Mai teilnehmen musst, erfährst du hier.
Von klein an kämpfen wir darum, selbst über unser Leben zu ent­scheiden. Das sollten wir als Erwachsene nicht aufgeben. Demo­kratie und Frei­heit sind keine Selbst­verständ­lichkeit.

So gestaltest du mit!

Nutze die beliebten Online-Petitionsplattformen openpetition, change.org oder avaaz.org und stimme ganz einfach online zu Themen deiner Wahl ab. Aber Vorsicht: Bevor Du eine E-Petition unterstützt, sei dir bewusst, dass die Petitions-Texte im Sinne des Urhebers der Kampagne formuliert sind. Argumente, die dagegen sprechen, werden oft nicht dargestellt. Deswegen halte dich an Opas Rat und lies immer zwei Zeitungen. Auch der Deutsche Bundestag hat eine Online-Petitionsplattform geschaffen. Auf diesen Plattformen kannst du mit wenigen Klicks auch selbst eine Petition starten. Kommen über 50.000 Stimmen in einem Monat zusammen, muss deine Petition vom Bundestag angehört werden. Auf Abgeordnetenwatch kannst du Abgeordnete verschiedener Parlamente direkt öffentlich befragen. Und vor allem nutze dein Wahlrecht - das ist übrigens die intelligenteste Protestmöglichkeit, EU-Entscheidungen in deinem Sinne zu beeinflussen.

Filterblasen. Oder: Opa hat immer gesagt, lies zwei Zeitungen

  • Wenn du nicht weißt, was eine Filterblase ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass du in einer drin steckst. Und das ist nicht gut. Was genau ist eine Filterblase? Ein Beispiel: Sucht ein BWL-Student auf Google nach Informationen zum Klimaschutz, erhält er höchst­wahrschein­lich ganz andere Such­ergebnisse, als der Anwalt, der dieselbe Such­anfrage in sein neuestes iPhone getippt hat. Eines ist jedoch beiden gemeinsam – sie sehen wenig Über­raschendes. Denn Google zeigt dir immer genau das, was zu deinem bisherigem Surf­verhalten passt. Ähnlich ist es in sozialen Netz­werken: Wenn du dein Profil mit Alter, Geschlecht etc. erstellt hast, Inhalte von Gruppen likest, oder anderen folgst, werden dir bald nur noch Informationen angezeigt, die dazu passen. Und wenn soziale Netzwerke deine Haupt­informations­quellen sind, entsteht der Eindruck, dass es keine anderen Sichtweisen gibt - dein Horizont wird immer enger und dir entgeht vielleicht der wichtige Beitrag, der dir zeigt, warum du unbedingt an der Europawahl teilnehmen solltest.

    Die Beeinflussung durch die Filterblasen ist vor allem deswegen so gefährlich, weil sie so effektiv ist. Denn mit jedem Klick im Netz hinterlässt du digitale Spur­en, die dich durchschaubarer und dadurch leicht­er manipulierbar machen. Mehr dazu im Beitrag “Cache me if you can”. Doch wie kommst du nun aus deiner Filterblase raus? Das erfährst du in der Infobox weiter unten.

So kommst du aus deiner Filterblase raus

Verzichte auf Google, und suche ab jetzt mit Startpage.com. Denn Google liefert dir vor allem das, was du schon kennst - das stülpt dir eine individualisierte Filterbrille über. Startpage.com liefert dieselben Ergebnisse wie Google, nur ohne Filterblase. Außerdem ist die Suche auf startpage.com anonym. Dadurch verhinderst du, dass deine Suchanfragen Aufschluss über deine Interessen geben und in deinem digitalen Fingerabdruck gespeichert werden. Werde nicht zum gläsernen User und lass dich nicht manipulieren. Mach dir bewusst, dass du mit jedem Klick im Netz persönliche Spuren hinterlässt und befolge unsere Tipps, wie du das verhindern kannst. Und ganz wichtig, damals wie heute: Nutze unterschiedliche Quellen zur Meinungsbildung. Falls du dich auf Facebook politisch informierst, sei dir bewusst, dass der Stream dich in einer Filterblase hält. Nutze auch unabhängige Medien, um dich schlau zu machen!

Alternative Fakten. Oder: Der Stammtisch geht online

  • Was früher der Stammtisch war, sind heute Face­book, Twitter und Konsorten. An der Bus­halte­stelle, der Schlange an der Super­markt­kasse, ja sogar in den ersten Minuten nach dem Aufwachen besuchen wir den digitalen Stamm­tisch, um zu checken, was abgeht, und um uns mit unseren Freunden ver­bun­den zu fühlen. Und genauso wie der Stamm­tisch schon immer zu unserer Meinungs­bildung bei­ge­tra­gen hat, so tut es der “digitale Stamm­tisch” heute. Dabei war der Stammtisch früher wie heute auch ein Marktplatz “alter­nativer Fakten” - nach dem Motto, je markiger der Spruch, desto mehr wird mir zugehört. Fake News sind also keine Erfindung des Internets.
  • Allerdings haben wir uns früher am Stammtisch noch selbst ausgesucht, mit wem wir uns zusammen­setz­en. Das hat sich im Netz geändert: Gerade zu Wahl­kampf­zeiten setzen sich Populisten und Nation­al­ist­en ungefragt an unseren digitalen Stammtisch und schwadronieren Halbwahrheiten, verbreiten üble Pa­ro­len und dreiste Lügen. Wer nicht aufpasst, glaubt dann zum Beispiel, Hillary Clinton würde von einer Pizzeria aus einen Porno­ring leiten (Quelle). Und schon wurde unsere politische Meinung manipuliert.

    Hierzu nutzen die Populisten Bots und Algorithmen wie ein Megaphon, mit dem sie diese Inhalte breitenwirksam und passgenau streuen. Dabei erleichtern ihnen unsere persönlichen Informationen, die wir beim Surfen im Netz in unserem digitalen Fußabdruck hinterlassen, eine präzise Manipulation. Beim Besuch des digitalen Stammtisches kann dann die Illusion entstehen, dass alle Welt etwa gegen Hillary Clinton ist, nur weil eine Minderheit an Usern – menschliche oder Social Bots – besonders aktiv darüber erzählen. Dieses Phänomen nennt man “Mehrheitsillusion”. Und das Konzept geht auf: Populisten bestimmen die politische Debatte mit und bringen so unsere Demokratie und Freiheit in Gefahr.

So schützt du dich vor Fake-News

Das Internet hilft dir, dich zu informieren, aber sei dir bewusst, dass Vieles, was Online und gerade in den sozialen Medien zu sehen ist, Fake News sind. Wie du selbst Fake News auf die Schliche kommst, erklären wir dir in diesem Beitrag mit vier einfachen Tricks. Wenn dir etwas verdächtig vorkommt und du unsicher bist, prüfe es auf Portalen wie dem Faktencheck der Tagesschau. Oder nutze das Portal “Reporterfabrik – correctiv”, dass sich für seriösen Journalismus einsetzt und unter “checkjetzt” Hilfstellungen und Anleitungen zum Erkennen von Fake News gibt. Das ungewöhnliche Projekt wird von der Telekom unterstützt.

Aufklärung macht schlau!

  • Das Internet bringt sowohl enorme Chancen für die Demokratie, als auch Gefahren. Doch wir brauchen keine Angst vor Trollen und Algorithmen zu haben. Die gute Nachricht: Wir können die Risiken minimieren. Der wichtigste Schritt dazu ist eine umfassende Aufklärung. Deshalb verfolgen wir bei der Telekom mit der Plattform “Medien, aber sicher” das Ziel, Menschen einen kompetenten und sicheren Umgang mit der Digitalisierung zu ermöglichen. Die Initiative “teachtoday” richtet sich vor allem an Kinder und Jugendliche, Eltern und Großeltern und fördert Medienkompetenz schon im Kindesalter. Wer weiß, wie die digitale Welt funktioniert, und welche Kräfte dort welche Ziele verfolgen, kann sich wirksam schützen und die Chancen des Internet zum Wohle unserer Demokratie und Freiheit nutzen.