Stell dir vor, jemand kommt zu dir nach Hause und reißt alles ab. Mit einer sehr simplen Begründung: er will ein Loch buddeln, mitten im Wohnzimmer. Abwegiger Gedanke, doch für die vom Aussterben bedrohten Flachland-Gorillas im Kongo ist das seit Jahrzehnten bitterer Ernst.
D er Grund dafür ist der explosionsartig gestiegene Bedarf an Smartphones und Laptops und weiteren Elektrogeräten. Denn für Hochleistungskondensatoren in vielen Elektro-Geräten braucht es Tantal. Das ist ein selten vorkommendes Schwermetall, das aus Coltan-Erz gewonnen wird, einem Rohstoff, der im Kongo vorkommt. Genau dort, wo die Flachlandgorillas leben.
Rebellengruppen in der von einem Bürgerkrieg betroffenen Demokratischen Republik Kongo finanzieren sich u.a. durch den illegal betriebenen Abbau des Erzes Coltan. Dabei entstehen unwiderrufliche und nicht akzeptierbare Schäden an Mensch und Natur in dieser Region. Die Deutsche Telekom kauft Coltan bzw. das daraus gewonnene Metall Tantal nicht als Rohstoff ein. Da Tantal jedoch in einer Vielzahl der von uns vertriebenen oder genutzten Produkte enthalten ist, möchte die Telekom ihre Möglichkeiten nutzen, alle mit dessen Gewinnung verbundenen Schäden an Mensch und Umwelt zu minimieren bzw. langfristig gänzlich zu unterbinden.
Weil jedoch immer mehr davon benötigt wird, muss immer weiter gegraben werden. Wirtschaftlich gesehen lukrativ, denn pro Rohstoff-Kilo gibt es derzeit rund 100 Dollar. Doch ökologisch gesehen ist es eine Katastrophe: Urwälder werden dafür platt gemacht, der Lebensraum der Flachland-Gorillas zerstört. Die Tiere haben keine Chance, umzusiedeln. Ihre Zahl ist in den letzten Jahren dramatisch gesunken, mit einer Gesamtpopulation von nur noch 90.000 Tieren gelten Flachland-Gorillas als vom Aussterben bedroht. Und das ist nur eine der negativen Auswirkungen, die der Coltanabbau hat. Er ist eine der entscheidenden Ursachen für den Kongokonflikt, der bereits mehr als 5 Millionen Opfer gefordert hat. Rebellengruppen im Osten des Kongos finanzieren mit dem Coltangeschäft ihre Milizen. Menschenrechtsverletzungen und inhumane Arbeitsbedingungen sind an der Tagesordnung. Das Ziel müssen konfliktfreie Minen und ein funktionierender Staat sein, der seine Bürger und seine Natur schützt. Die Deutsche Telekom arbeitet deshalb mit Organisationen wie Missio oder dem Deutschen Institut für die ärztliche Mission e.V. (Difäm)/Brot für die Welt zusammen, die konkret die Lebensbedingungen und Gesundheitsversorgung der Menschen im Osten des Kongos verbessern. Der Rohstoff Tantal ist bereits jetzt knapp, die Reserven reichen nur noch etwa 100 Jahre.
Die Telekom möchte ihre Möglichkeiten nutzen, alle mit der Gewinnung von Coltan verbundenen Schäden an Mensch und Umwelt zu unterbinden
Gemeinsam mit dem Bifa Umweltinstitut hat die Telekom deshalb an einer technischen Möglichkeit gearbeitet, Tantal aus Elektroschrott zu recyceln. Es wurden verschiedene manuelle und automatisierte Methoden zur sogenannten „Entstückung" von Tantal-Kondensatoren erprobt. Erfolgversprechend ist ein automatisiertes Verfahren, bei dem die Entstückung der Platine mit Hilfe einer thermischen Behandlung erfolgt. Den nötigen Elektroschrott liefert die aktuelle Modernisierung des Telekom-Netzes, es soll für unsere Kunden schneller und effizienter werden. Analoge Netztechnik wird dazu abgeschaltet und das gesamte Telefonnetz auf IP-basierte Anschlüsse umgestellt – und das bedeutet: massenhaft Elektronik wird abgebaut. Daraus können wertvolle Metalle wie Tantal zurückgewonnen werden. Noch läuft das Ganze als Testbetrieb, doch der Stand ist vielversprechend. Das Ziel ist klar: wir wollen verantwortungsvoller mit Rohstoffen umgehen. Sie sollen über den Lebenszyklus eines Produkts hinaus wieder vollständig in den Produktionsprozess zurückgeführt werden. Und wenn uns allen gelingt, in Zukunft mehr aus unserem Elektro-Schrott zu machen, tragen wir vielleicht auch dazu bei, dass die Gorillas im Kongo eine Chance haben, zu überleben.
Zum Stand der Dinge fragen wir Andreas Kröhling, Nachhaltigkeitsexperte der Deutschen Telekom, im Interview.