Was den Müll in den Meeren angeht, sitzen wir alle im selben Boot. Lässt sich das Steuer überhaupt noch rumreißen?
E s ist eine Erfindung, die unsere Ozeane retten könnte. Ihre offizielle Bezeichnung klingt etwas sperrig: das erste zertifizierte Müllsammelschiff. Feierlich getauft ist es auf den Namen „Seekuh“. Dahinter verbirgt sich ein Spezialkatamaran, der Plastikmüll aus dem Meer fischen kann, sechs Tonnen schwer, 12 Meter Lang und 10 Meter breit, mitfinanziert von der Telekom.
Der Hintergrund dieser Erfindung ist sehr ernst und ein weltweites Problem. Mehr als 140 Millionen Tonnen Plastik schwimmen in unseren Meeren, und jedes Jahr kommen mindestens 8 Millionen Tonnen dazu. PET-Flaschen, Verpackungen, Kanister, achtlos weggeschmissen. Unfassbar, schon jetzt schwimmt an manchen Stellen sechsmal mehr Plastik im Meer, als natürliches Plankton. Und die Prognose ist beängstigend: wenn sich nichts ändert, dann schwimmen in 30 Jahren mehr Plastikteile in den Ozeanen als Fische. Was das für unsere Umwelt bedeutet, ist kaum abschätzbar.
Der Spezialkatamaran Seekuh ist ein hoffnungsvoller Schritt, um dieses Problem in den Griff zu bekommen. Erfinder Günther Bonin hat das Schiff so entwickelt, dass es zerlegbar ist und per Frachtcontainer an jeden Ort der Welt gebracht werden kann. Zum Beispiel in den Nordpazifik. Zwischen Hawaii und der amerikanischen Westküste treibt ein 300 Millionen Tonnen schwerer Plastikteppich der sich auf eine Fläche verteilt, die so groß ist wie Mitteleuropa. Die Folgen für die Meerestiere sind tödlich: sie verfangen sich darin oder ersticken am Plastik, weil sie es für Nahrung halten. Auch für uns werden die gigantischen Müllberge im Meer zur Gefahr. Plastikmüll hat eine Lebensdauer von bis zu 450 Jahren und gelangt letztlich als Mikroplastik (kleinste Teilchen) und Plastik-Giftstoffe über die Fische auch auf unseren Esstisch.
Allein zwischen Hawaii und der amerikanischen Westküste treibt ein Teppich Plastikmüll von der Größe Mitteleuropas
Die Seekuh soll als Prototyp zur Lösung dieses globalen Problems beitragen. Der Katamaran senkt zwischen seinen beiden Rümpfen eine Netzkonstruktion ins Wasser ab, und fischt damit Plastikmüll in bis zu zwei Metern Tiefe aus dem Meer. Doch nicht nur das: Mit Hilfe dieses Schiffes ist es sogar möglich, aus den Plastik-Abfällen Erdöl zu gewinnen. Aus einer Tonne Plastik lassen sich immerhin 800 Liter Erdöl erzeugen. Ein durchschnittliches Fahrzeug kann damit locker mehr als 10.000 km zurücklegen. Damit sich keine Lebewesen in den Netzen verfangen, fährt die Seekuh in „Schrittgeschwindigkeit“. In Gegenden mit hohem Müllaufkommen im Wasser kann die Seekuh mit ihren Netzen so täglich mehrmals 2-3 Tonnen sammeln. Auch an Stränden kann sie eingesetzt werden: hier können die Plastikberge nach dem Baggerprinzip direkt an Land geschoben werden. Mit der Unterstützung der Seekuh hat die Telekom in eine Forschung investiert, von der das Überleben der Ozeane und letztlich auch der Menschheit abhängt. Das Ziel: Bald schon soll die Seekuh als Hochseevariante gebaut werden und, angetrieben durch Wind- und Sonnenenergie, an allen Orten auf hoher See selbständig Plastikmüll sammeln.
Aber wir können alle dazu beitragen, dass es künftig erst gar keine Müllabfuhr in den Meeren braucht: Plastik vermeiden, Papier- oder Stoff- an Stelle von Plastiktüten nutzen, Nachfüll-Verpackungen verwenden, und wenn einmal kein Weg am Plastik vorbeiführt, dann (im gelben Sack) ordnungsgemäß entsorgen.