Warum Dematerialisierung etwas Gutes ist, und warum wir mehr teilen sollten, erklärt Andreas Kröhling, Nachhaltigkeitsexperte der Telekom, im Interview.
Fragen an...
Andreas KröhlingAllein in 2016 wurden weltweit über 1,4 Milliarden Smartphones verkauft. Fast fünfmal so viele wie 2010. Dadurch steigt natürlich auch der Bedarf am Konflikt-Rohstoff Tantal, der auch in der Medizin-Technik zunehmend wichtig ist, und im Coltan enthalten ist. Wir wissen, dass die Förderung von Coltan in der Demokratischen Republik Kongo sehr problematisch ist, sowohl ökologisch wie sozial. Zu Umweltsündern werden wir deshalb nicht zwangsläufig, aber deswegen ist es für uns eine wichtige Aufgabe, die Bedingungen beim Abbau dieses Rohstoffs zu verbessern. Das tun wir, und da arbeiten wir mit anderen Unternehmen zusammen.
Nein, verzichten müssen wir nicht, Smartphones haben ja auch viele Nachhaltigkeits-Vorteile, und dann müssten wir ja auch auf diese Vorteile verzichten. Es ist aber in jedem Fall sinnvoll, erstens die Bedingungen zur Gewinnung von Tantal insbesondere in der Demokratischen Republik Kongo zu verbessern. Hier arbeiten wir als Deutsche Telekom in einem Bündnis mit den Branchenverbänden GeSi, der Global E-Sustainability Initiative, und der EICC, der Electronic Industries Citizenship Coalition zusammen, um Schmelzbetriebe zu zertifizieren. Das zweite ist, dass man Tantal aus alter Telekommunikationstechnik zurückgewinnen kann. Hierzu haben wir in Kooperation mit der Wissenschaft einen vielversprechenden Ansatz entwickelt. Allerdings ist eine wirtschaftlich vertretbare Rückgewinnung aus Smartphones nach wie vor nicht möglich, dafür sind die Mengen einfach zu klein. Und drittens kann man natürlich auch die Nutzungsdauer von Smartphones erhöhen. Es ist nicht erforderlich, immer das neueste Modell zu haben, und falls doch, hat man die Möglichkeit, durch das Verschenken oder das Weiterverkaufen des Smartphones dafür zu sorgen, dass das Gerät lange genutzt wird.
Ressourcen wiederzuverwenden, hilft sicherlich, die Ressourcen unseres Planeten zu schonen. Viel besser ist es allerdings, wenn de Ressourcen gar nicht erst verbraucht werden. Nehmen wir zum Beispiel eine Zeitung: Die Zeitung aus Altpapier herzustellen, und nach dem Lesen wieder ins Altpapier zu geben, reduziert den Bedarf an Holz und Energie, sowie den CO₂-Ausstoß für die Produktion dieser Zeitung. Mit einer elektronischen Zeitung ist jedoch gar kein Papier mehr erforderlich. Diesen Ansatz nennt man „Dematerialisierung“.
Ja. Mit unserem Produkt Dynamic Workplace Solutions ist es möglich, alle Programme und Daten für die tägliche Arbeit energiesparend in die Cloud zu verlagern. Dadurch wird es zudem möglich, von jedem internet-fähigen Endgerät aus zu arbeiten und auf die einzelnen Daten und Anwendungen zuzugreifen. Dadurch ist es viel einfacher, von zu Hause aus oder von unterwegs zu arbeiten, und dadurch spart man auch die Zeit und die Energie für die Fahrt zum Arbeitsplatz.
Das stimmt, sicher verbrauchen Rechenzentren auch viel Energie. Die damit verbundene Schädigung der Umwelt hängt jedoch sehr stark davon ab, welche Energieträger zum Erzeugen des Stroms für die Rechenzentren genutzt werden. Bei der Diskussion um den Stromverbrauch der Rechenzentren sollte allerdings nicht vergessen werden, das erstens moderne Rechenzentren wie unser neues Rechenzentrum in Biere bei Magdeburg besonders energieeffizient sind. Das heißt, sie verfügen über moderne und energiesparende Server und verbrauchen im Verhältnis deutlich weniger Energie für Heizung und Kühlung, als traditionelle Rechenzentren. Zweitens: Über die Rechenzentren und die Cloud ist eine viel bessere Auslastung der IT-Infrastruktur möglich. Und drittens: In einer Vielzahl von Anwendungen und Diensten, die über die Rechenzentren laufen, können auch Energie- und CO₂-Einsparungen ermöglicht werden. Das Produkt Dynamic Workplace Solutions ist hier ein Beispiel dafür.
Teilen statt besitzen wird durch Telekommunikation und die Telekom sowie das Internet viel einfacher möglich. Ein ganz einfaches Beispiel dafür sind Mitfahr-Gelegenheiten. Das war früher ziemlich kompliziert. Man musste telefonieren und zur Abwicklung der Zahlung bei einer Mitfahrzentrale vorbeikommen. Heutzutage geht alles einfach online über das Internet. So wird es auch viel einfacher, Fahrzeuge im Rahmen von Car-Sharing zu teilen, was auch zum Car-Sharing-Boom beiträgt. Die Deutsche Telekom liefert hierfür die notwendige Infrastruktur beim Festnetz und Mobilfunk. Dafür investieren wir in den nächsten Jahren 5 Milliarden Euro jährlich, allein in Deutschland. Zudem ermöglicht die Deutsche Telekom durch hohe Standards für Datenschutz und Datensicherheit, dass die Kunden darauf vertrauen können, dass die Abwicklung der erforderlichen Transaktionen über das Internet auch sicher funktioniert. Die Deutsche Telekom verfügt zudem über das notwendige Know-How, Plattformen zum Teilen aufzubauen und zu betreiben.
A ndreas Kröhling sieht sehr genau hin, wenn es um das Haushalten mit den Ressourcen der Erde geht. Für den Nachhaltigkeitsexperten der Deutschen Telekom reicht es deshalb nicht aus, Gold, Silber und weitere Rohstoffe aus alten Handys zurückzugewinnen. Das ist natürlich ein wichtiger Baustein, gerade bei einem Unternehmen wie der Telekom, wo allein durch den milliardenschweren Netzausbau Unmengen E-Schrott anfallen. Andreas Kröhlings Vorstellung von einer smarten Kreislaufwirtschaft geht einen großen Schritt weiter: „viel besser, als Rohstoffe aus Müll zurückzugewinnen, ist es, Müll gar nicht erst entstehen zu lassen“, so Kröhling.
Viel besser, als Müll zu recyceln, ist es, ihn gar nicht erst entstehen zu lassen.
Das Schlagwort lautet „Dematerialisierung“. Was nach Raketenwissenschaft und Zukunftsvision klingt, ist bereits in vollem Gange. Im Audio-Interview erklärt Andreas Kröhling, was es damit auf sich hat, und warum auch der Trend zum Teilen nicht nur trendy ist, sondern maßgeblich dazu beitragen kann, dass auch künftige Generationen noch genügend Ressourcen für ein gutes Leben haben.